Le pays où l’on n’arrive jamais
2010
Neue Kunst in alten Gärten
Landschaftsgut Lehnte
Für die Ausstellung in einem traditionellen Landschaftsgarten lagen an verschiedenen Stellen Gegenstände verstreut, die sich zu einem Portrait ihres abwesenden Besitzers zusammensetzen. Je mehr Teile die Besucher bei ihrem Spaziergang entdecken, desto mehr scheint die Person verschwunden, sich im Park verloren zu haben.
Sich verlieren, um sich zu finden. Auch das kann ein Überlebensprinzip sein. Die Installation des Künstlers ist aus dem Geist von Marcel Duchamp und der Konzeptkunst und operiert an der Schnittstelle von Kunst und Nichtkunst. Der durch den Park flanierende Besucher wundert sich. Im Gras findet er eine Uhr. An anderem Ort eine Pfeife. Vor einem Busch steht ein Paar herrenloser Stiefel. An einem Baum hängt ein einsamer Hut. Ein Ast trägt einen Wollmantel. An einer Bank lehnt ein Spazierstock. Hat hier jemand etwas verloren? Nein, es handelt sich um eine Inszenierung des Künstlers Sebastian Gräfe. Die von ihm im Park von Lenthe verteilten Utensilien verbinden sich zum Porträt ihres abwesenden Besitzers, eines besseren Herren mittleren Alters. Eine romantische Arbeit! Vielleicht bezeugt sie, wie sich hier jemand all seiner Sachen entledigt hat, um so, nackt wie Gott ihn schuf, eine innige Verbindung einzugehen mit der Natur. Gräfes Werk lebt von einer subtilen Dialektik von Konstruktion und Dekonstruktion. Das Verschwinden seines Protagonisten öffnet einen erzählenden Raum für die Phantasie des Betrachters. Für eine Geschichte, die sich mit jedem neuen Blick auf Gräfes Inszenierung in immer neuen Varianten entfalten kann. In der Tasche des Wollmantels findet sich ein Buch mit dem bezeichnenden Titel: „Le pays ou l’on n’ arrive jamais”. Noch stärker als bei vielen anderen zeitgenössischen Werken wird der Betrachter bei diesem Werk zum Koautor des Künstlers.
Text: Michael Stoeber
Le pays où l’on n’arrive jamais
2010
Neue Kunst in alten Gärten
Landschaftsgut Lehnte
Für die Ausstellung in einem traditionellen Landschaftsgarten lagen an verschiedenen Stellen Gegenstände verstreut, die sich zu einem Portrait ihres abwesenden Besitzers zusammensetzen. Je mehr Teile die Besucher bei ihrem Spaziergang entdecken, desto mehr scheint die Person verschwunden, sich im Park verloren zu haben.
Sich verlieren, um sich zu finden. Auch das kann ein Überlebensprinzip sein. Die Installation des Künstlers ist aus dem Geist von Marcel Duchamp und der Konzeptkunst und operiert an der Schnittstelle von Kunst und Nichtkunst. Der durch den Park flanierende Besucher wundert sich. Im Gras findet er eine Uhr. An anderem Ort eine Pfeife. Vor einem Busch steht ein Paar herrenloser Stiefel. An einem Baum hängt ein einsamer Hut. Ein Ast trägt einen Wollmantel. An einer Bank lehnt ein Spazierstock. Hat hier jemand etwas verloren? Nein, es handelt sich um eine Inszenierung des Künstlers Sebastian Gräfe. Die von ihm im Park von Lenthe verteilten Utensilien verbinden sich zum Porträt ihres abwesenden Besitzers, eines besseren Herren mittleren Alters. Eine romantische Arbeit! Vielleicht bezeugt sie, wie sich hier jemand all seiner Sachen entledigt hat, um so, nackt wie Gott ihn schuf, eine innige Verbindung einzugehen mit der Natur. Gräfes Werk lebt von einer subtilen Dialektik von Konstruktion und Dekonstruktion. Das Verschwinden seines Protagonisten öffnet einen erzählenden Raum für die Phantasie des Betrachters. Für eine Geschichte, die sich mit jedem neuen Blick auf Gräfes Inszenierung in immer neuen Varianten entfalten kann. In der Tasche des Wollmantels findet sich ein Buch mit dem bezeichnenden Titel: „Le pays ou l’on n’ arrive jamais”. Noch stärker als bei vielen anderen zeitgenössischen Werken wird der Betrachter bei diesem Werk zum Koautor des Künstlers.
Text: Michael Stoeber